VORMÄRZ | FAUX FOX Magazine

VORMÄRZ

25.07.14
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 Vormärz steht für Revolution. Auch musikalisch.

Ich habe mich mit den vier Jungs aus Innsbruck im Hofgarten (wie könnte es bei Tirolern anders sein) getroffen und beim Turnen durch Walddickicht allerhand über den Fake-Schnauzer von Austro Fred, harte nüchterne Lyrik, die Zusammenhänge von Tiefkühlpizzen und Gesellschaft, Hamburg und Kloinspirationen gelernt.

Alexius: Vormärz, ein wahrlich klingender Name. Reine Ästhetik oder steckt da mehr dahinter?

Max: Die Entscheidung des Bandnamens fiel 2 Wochen vor unserem Auftritt als Kreisky-Vorband im März 2012. Auf die Frage, wie wir uns nennen, kam die spontane Antwort VORMÄRZ; das hört sich gut an, macht Sinn, weil deutsch, die Leute verstehen es.

Alexius: Super Sache, so als Support von Kreisky?

Pati: Ja, die Jungs waren auch richtig nett. Und wir leicht nervös.

Simon: Das einzig Traurige an diesem Abend war wohl die Erkenntnis, dass der Schnauzer von Austro Fred nur aufgeklebt ist. Da ist eine Welt für mich zerbrochen.

Alexius: Außer eurer bedingungslosen Liebe für haarige Pornobalken, was erwartet jemanden, der eure Musik noch nicht kennt?

Jonas: Etwas ziemlich Überraschendes, komplett Neues. Ich kenne keine Band, die so klingt wie wir, unser Vorteil und gleichzeitig größtes Manko, denn entweder, man hört und liebt uns, oder man hört und hasst uns. Dazwischen gibt es nichts.

Alexius: Ihr beschreibt euren Sound ja als zeitgemäße Musik. Was heißt das?

Simon: Wir verwenden alles, was die Technik zur Zeit so hergibt. Trotzdem schwören wir auch auf ältere und gebrauchte Instrumente.

Max: Das Zeitgemäße wäre dann mein Experimentieren am MicroKORG, diese elektronischen Erzeugnisse schießen uns ins 21. Jahrhundert.

Alexius: Aber ein bisschen Indie seid ihr trotzdem, oder?

Pati: Ja, irgend so ein Post-New-Wave-Punk-Indie-Power-Pop-wasauchimmer.

Max: Für mich ist das eher so eine Britpop-Sache, sehe da außer den engen Hosen nicht viele Überschneidungen.

Jonas: Vielleicht wollen wir es verleugnen, es klappt aber nicht ganz.

Alexius: Ist es wichtig, in Club-Zeiten wie diesen, weniger Indie- und mehr Elektroelemente in die Musik einzubauen?

Max: Wichtig ist eher, dass man live gut ankommt. Auftritte sind für uns sehr wichtig, wir wollen die Leute beeindrucken und Sätze wie „An dem Abend hatten wir eine schöne Zeit.“ hören. Sprich einen guten Eindruck hinterlassen.

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Alexius: „Musik jenseits des Mainstreams“ – eure Worte. Was macht ihr, um aufzufallen?

Jonas: Wir machen Musik, die nicht jedem gefällt, sondern ziehen unser eigenes Ding durch. Auch bei den Texten wollen wir uns von der üblichen „Saufen, Feiern, Weiber, Hangover“ – Thematik verabschieden.

Max: Genau, bei uns gibt es nur harte, nüchterne Lyrik. Ach, Goethe wäre so stolz auf uns!

Simon: Bei Konzerten kann es dann schon mal vorkommen, dass man nix von unseren Texten versteht, oder eben alles.

Alexius: Wärt ihr – außer euren Texten – Ö3-tauglich?

Pati: Mich würde es zumindest nicht stören, dort gespielt zu werden. Würde den Sender nur verbessern.

Jonas: Wir waren auf FM4 zu hören, das höchste der Gefühle. Das mit Ö3 würde uns prinzipiell schon freuen, auch wenn wir uns nicht als Ö3-Band sehen.

Alexius: Warum nicht?

Pati: Uns fehlt die Starmania-Vergangenheit und beim Kiddy Contest war auch keiner von uns dabei.

Simon: Noch nicht. Aber wir sind gegen Castings, es sollte um die Musik an sich gehen und kein Wettbewerb daraus gemacht werden, wer besser spielt wie die anderen.

Max: Als, es heißt als.

Alexius: Da bleib ich gleich bei der Sprache. Alle eure Texte sind auf Deutsch, als österreichische Band ein Muss?

Pati: Ich finde, Bands aus Österreich sollten keine Akzente faken. Wenn schon die Texte auf Englisch sind, muss zumindest die Musik ausdrucksstark und besonders klingen.  Ich würde nie auf die Idee kommen, einen englischen Text zu schreiben, ich denke einfach deutsch.

Max: Wir klingen damit auch an die Norddeutsche Szene und Vorbilder wie „Die Sterne“oder „Tocotronic“ an.

Alexius: Timo Abel vom ORF bezeichnet eure Musik als die „Hamburger Schule aus Innsbruck“. Was heißt das denn?

Pati: Damit meint er unsere Einflüsse, die Musik die uns geprägt hat.

Max: Geplant ist, zwecks besseren Lebens und so nach Hamburg zu ziehen. Berlin ist out.

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Alexius: Kommen wir zu den Liedern. Welche Intentionen stecken hinter dem Song „Tiefkühlpizza“ ?

Pati: Verbrannte Zungen und ein allgemeines „Gegen Fertigprodukte“. Nein, aber im Ernst, leicht metaphorisch ist der Text schon, ich mein, wenn ich mir so eine Tiefkühlpizza anschaue, das verarbeitet doch mehr oder weniger unsere Gesellschaft, irgendwie eingefrorener Mist. Hin und wieder so eine Pizza ist eh lecker, wir müssen ja auch ab und an zur Gesellschaft dazugehören.

Alexius: Da hast du Recht. Wenn man schon eine essen muss, welche Sorte?

Pati: Ganz klar Margherita.

Max: Die Königin der Pizzen schlechthin.

Alexius: Wie Pizza gemacht wird, weiß ich, aber wie entstehen eure Songs?

Pati: Prinzipiell mach ich die Texte und das Grundgerüst, im Proberaum spiel ich es dann den anderen vor und dann wird gestritten.

Max: Jonas macht die Drumline, Simon das Musikalische und ich kümmere mich als Kirsche auf dem Sahnehäubchen um die Details. Einig sind wir uns meistens schon, hin und wieder entstehen aber Diskussionen um die enge Grenze zwischen falschen Tönen und künstlerischer Freiheit.

Alexius: Ich höre eure Musik, während ich Pizza esse. Wann noch?

Pati: Unter der Trauerweide oder wenn man auf Urlaub fährt.

Alexius: Im Urlaub hat man Zeit zum Nachdenken. Ideen für neue Songs?

Jonas: Themen wie Alltagsflucht oder Individualität.

Pati: Das Reisen ist generell eine große, wenn nicht sogar die größte Text-Quelle.

Alexius: Das merkt man, bei eurer neuen Single „San Sebastian“ geht’s ja auch ums Reisen.

Pati: Da war ich vor 2 Jahren, einfach eine wunderschöne Gegend in Spanien mit Bergen und Küsten, diese Impressionen hab ich vertextlicht.

Max: Der Traum Österreichs, Berge am Meer.

Alexius: Fast wie in Hamburg.  Fällt Berlin deshalb als Option weg?

Pati: Hamburg ist spannender und auch weltoffener. Und kleiner.

Jonas: Die Berliner akzeptieren auch keine Tiroler, die meinen, wir leben alle in Holzhütten.

Simon: Berlin ist einfach eine kommerzielle Modenschau. Das wollen wir nicht.

Alexius: Bleiben wir bei uns. Ist Innsbruck ein gutes Musikpflaster?

Max: Innsbruck erzeugt kreativen Geist im Menschen, den man braucht, damit Musik überhaupt entstehen kann. Wir haben gute Leute hier aus der Klassik- und Jazzabteilung, die halbe Besetzung von Miles Davis kommt aus Tirol, also eigentlich nur einer, aber egal. Trotzdem wird man hier als Musiker oft belächelt.

Jonas: Es gibt supercoole Bands und Musiker, aber niemanden, der sich die Vorbands anschaut. Das ist schade, die Leute wollen gesehen werden, aber nicht sehen.

Alexius: Und um aus Österreich raus zu kommen braucht es … ?

Jonas: Glück.

Simon: Einen Sponsor.

Pati: Viel Engagement, man muss schon auch was machen, damit was passiert.

Max: Geld, oder man macht Schlager, das klappt auch immer.

Alexius: Sponsoren habt ihr leider noch keine, Label auch nicht.

Pati: Wir haben dafür einen Produzenten. Mehr brauchen wir bis jetzt noch nicht, wir regeln alles selber.

Max: Noch sind wir in der Produktionsphase und nicht bereit für die Welt. Die Amerika-Tournee kommt dann aber bald.

Alexius: Produzieren könnt ihr – im Herbst kommt die neue Single „Keine Zeit“.

Jonas: Mit Video inklusive Bobbahn. Der Drehtag war der kälteste Tag in unserem Leben.

Pati: Da geht’s um Schnelllebigkeit. Alles ist immer so schnell vorbei, auch ein Bobrennen.

Alexius: Eine klassische Scheiß-Frage: Was bedeutet Musik für euch?

Max: Alles, was Klang erzeugt.

Pati: Flucht, ein Ein-und Abschalten vom Alltag.

Simon: Musik ist ein omnipräsentes Element unseres Lebens.

Jonas: Ich würde sagen, Fanatismus oder ein Faible für die eigenen Macken.

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Alexius: Schön gesagt. Wo finde ich euch, wenn ihr nicht im Park herumstrolcht?

Simon: In Bars.

Max: In linken kleinen Zentren des Kommunismus, obwohl, nein doch eher in Bars und Kaffeehäusern.

Jonas: Auf Facebook.

Alexius: Da gehe ich doch lieber in den Park. Inspiriert euch die Natur, so als Tiroler?

Pati: Ich gehe generell gern spazieren, muss aber nicht in der Natur sein, die Straße tut’s auch. Ach scheiße, mich inspiriert einfach alles.

Max: Wenn ich eine Melodie im Kopf hab, muss ich sie umsetzen, egal, wo ich bin. Auch am Klo.

vormärz9Simon: Mich inspirieren Momente, wo ich mich unwohl fühle. Da denke ich dann mehr nach.

Max: Ganz nach dem Motto „ Kultur kann nur aus Leiden erwachsen“. Eine glückliche Gesellschaft kann keinen neuen Zeitgeist erzeugen.

Alexius: Die Leiden des jungen Vormärz also. Seht ihr dennoch positiv in die Zukunft?

Max: Wir arbeiten zur Zeit am Album, ein paar Songs haben wir schon aber es zieht sich.

Pati: Bilderbuch bringt auch nur EPs raus, wozu brauchen wir ein Album. Ich mein, irgendwann veröffentlichen wir bestimmt eines, aber das hat keinen Stress. Vorher kommt noch eine „Best of Singles“-CD.

Max: Im Herbst wollen wir mal nach Deutschland rauf ein paar Konzerte spielen und eine kleine Österreichtour ist auch geplant.

Alexius: Abschließende Worte?

Max: Hört Musik.

Jonas: Die Musiker sollen sich gegenseitig unterstützen.

Max: Genau, weniger Konkurrenzdenken und mehr Kommunismus.

Pati: Danke.

 

Mehr Informationen zu VORMÄRZ findet ihr hier!!  Die Jungs sind auch auf FB und Twitter zu finden!!

Ihre tolle Musik könnt ihr anhören und sogar auf Amazon und iTunes kaufen!!

 

© alle Fotos: Theresa Fischer

Redakteur: Alexius Ivo Baldissera

 

 

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